Sprachstandserhebungen in NRW:

Kinder mit Sprachstörungen sind die Verlierer

In diesem Jahr startet die Landesregierung in NRW ihre schon lange angekündigte Sprachstanderhebung. Mit einiger Skepsis wurde diese Entwicklung seitens der Logopäden und Sprachtherapeuten beobachtet, denn: in diesem Verfahren wird auf Sprachstörungen nicht geachtet. Dies erscheint auf den ersten Blick Paradox und ist es auch auf dem zweiten. Der Delfin4-Test, der in den Kindertagesstätten von Grundschullehrern und Pädagogen durchgeführt wird erfaßt im Wesentlichen Defizite im Wortschatz und der Grammatik, jedoch ohne nähere Ursachenanalyse. Eine sinnvolle Diagnostik der Sprachdefizite auf medizinisch-pathologische Ursachen findet nicht statt. Dies wäre dem genannten Personal auch sicher nicht abzuverlangen. Umso erstaunlicher ist, dass nicht schon im Vorfeld im Rahmen des Testungsverfahrens Logopäden einbezogen wurden. In einer Zeit wo überall von "Vernetzung" und "Austausch" die Rede ist, werden hier seitens der zuständigen Ministerien krampfhaft Mauern errichtet und Pädagogik und Medizin künstlich von einander getrennt. Im europäischen Ausland ist man hier wieder einmal um einiges weiter. Sprachtestungen in den Kindertagestätten werden hier von den Logopäden durchgeführt, die eingehend unterscheiden und erkennen können, ob ein Kind einer "Sprachförderung" oder einer "Sprachtherapie" bedarf. In NRW ist man jedoch allem Anschein noch dem alten Schubladendenken verfallen. Pädagogik hier, Medizin da. Diese künstliche Trennung im Bereich kindlicher Sprachentwicklung widerspricht allen modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der gängigen therapeutischen Praxis.

Verlierer hierbei sind ausgerechnet die Schwächsten: Kinder mit Sprachstörungen. Denn - das ist durch verschienede Untersuchungen belegt - Sprachförderung ist nicht geeignet diese Defizite aufzufangen. Zu befürchten ist jedoch, dass bei dem derzeitigen Kostendruck im Gesundheitswesen, Kinder mit Sprachstörungen ersteinmal in Sprachfördermaßnahmen zwischengeparkt werden, ganz nach dem Motte: "Vielleicht hilft es ja." und somit wertvolle Zeit vergeht, ehe die notwendige Sprachtherapie einsetzen kann. Es wäre ein leichtes gewesen diese Defizite der Testung zu umgehen. Seitens der Logopäden hat es schon frühzeitig Signate gegeben sich an diesem Verfahren zu beteiligen. Doch bislang haben die zuständigen Ministerien hier abgeblockt.

Ihnen als Eltern ist somit zu raten: Machen Sie sich kundig. Wenn die Defin4-Testungen Defizite aufweisen und man Ihrem Kind zur Sprachförderung rät, wenden Sie sich an den Kinderarzt, Logopäden oder Sprachtherapeuten um sicher zu gehen, dass eine Sprachstörung ausgeschlossen werden kann.

Weitere Infos vom Deutschen Bundesverband für Logopädie:

Pressemitteilung: NRW-Sprachtests: "Förderfalle" für Kinder mit Sprachstörungen?